Entscheidungsunterstützung zur Planung
Entwicklung einer Entscheidungsunterstützung zur Planung von Projekten zur Minimierung der Wasserverluste in Wasserverteilungsanlagen in Entwicklungsländern am Beispiel von Peru

Maßnahmenprojekte zur Wasserverlustminimierung erhöhen die Effizienz und Nachhaltigkeit von Wasserversorgungssystemen. Hohe oder steigende Wasserverluste im Wassernetz dienen häufig als Auslöser solcher Art von Projekten (IWA 2000).

Projektleitung: Prof. Dipl.-Ing. Dr. nat. techn. W. Urban

Projektbearbeiter: Dipl.-Ing. M.Sc. A. Cangahuala

Projektlaufzeit: 2003 – 2006

Förderung: Katholischer Akademischer Ausländer-Dienst (KAAD)

Die Wasserressourcen in Entwicklungsländern sind häufig nicht nur knapp sondern vielfach auch schlecht bewirtschaftet. Dies hat einerseits ernste Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung und kann andererseits die knappe Verfügbarkeit noch maßgebend verschärfen. Häufig lassen sich erhebliche Defizite innerhalb der Organisationsstruktur, der technischen Versorgungs- und Transporteinrichtungen und im Management der Versorgungsunternehmen konstatieren.

Der Kunde erwartet weltweit von Wasserversorgungsunternehmen (WVU) die Lieferung von qualitativ einwandfreiem Trinkwasser welches an jedem Ort, zu jeder Zeit mit dem erforderlichen Druck und der ausreichenden Menge zur Verfügung steht. Die Lieferung soll seinen individuellen Bedarf decken, und der Preis soll für ihn bezahlbar sein. Aus ökologischen und ökonomischen Gründen soll die Bereitstellung des Trinkwassers bis zum Zapfhahn möglichst ohne wesentliche Verluste erfolgen. Von der Erfüllung dieser Erwartungen sind wir in vielen Regionen der Erde noch weit entfernt. Das betriebs- und umweltpolitische Verlangen nach einer verlustarmen Trinkwasserversorgung ist jedoch keineswegs auf Entwicklungsländer beschränkt. Die Forderung gilt aus ökonomischen, ökologischen sowie demografischen Gründen (Bevölkerungswachstum) inzwischen uneingeschränkt weltweit für alle Regionen und Staaten.

Die Reduzierung von Verlusten aus Trinkwasserversorgungssystemen ist ein politisches, finanzielles, ökologisches und Soziokulturelles Problem. Innerhalb der WVU liegen die Ursachen für die Verluste aus dem Wasserversorgungssystem häufiger in den organisatorischen, administrativen und betriebswirtschaftlichen als in den technischen Bereichen.

Eine Intensivierung der Internationalen Zusammenarbeit (z.B. Capacity Building, Good Governance, angepasste Technologien) zur Erreichung einer verlustarmen Versorgung mit einwandfreiem Trinkwasser ist unter den jeweils gegebenen Rahmenbedingungen (z.B. Klima, Politik, Wasser-, Unternehmens-, Behördenkultur, Wasserdargebot, Quantität, Qualität) anzustreben. Wichtig ist eine systematische Verbreitung von vorhandenen Fachkenntnissen für Mitarbeiter von WVU in Management, Organisation, Betrieb und Instandhaltung von Wasserversorgungssystemen. Zweckmäßig ist auch eine zielstrebige Fortsetzung der internationalen Standardisierung von Begriffen und Verfahren, Methoden und Geräten im Bereich der Trinkwasserversorgung. Die administrativen und technischen Verfahren des Erkennnes, Ortens und Reparierens von Leckagen sollten nach IWA verstärkt in internationalem Maßstab weiterentwickelt werden.

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die häufig knappen Wasserressourcen in Entwicklungsländern arider Zonen rationeller und effizienter zu nutzen. Sollten sich in Peru innerhalb der nächsten Jahre keine strukturellen und technischen Verbesserungen hinsichtlich des Wassergebrauchs durchsetzen, droht nach. Mit seiner Lage in Südamerika ist Peru dort das einzige Land, in den Zukünftig mit einer Verknappung des Wasser gerechnet wird, im Landesdurchschnitt ergibt sich nur in Peru ein angespanntes hydrologisches Verhältnis. Diese beträgt voraussichtlich im Jahr 2025 , 980 m³/Kopf bedeutet Peru werde an Wassermangel leiden Deshalb soll mit dieser Arbeit eine konkrete Methode und ein Werkzeug entwickelt und bereitgestellt werden, das verschieden Projektalternativen nach multikriteriellen Aspekten bewertet, gleichzeitig die unterschiedlichen Interessen und Zielsetzungen der beteiligten Akteure berücksichtigt und damit einen häufig subjektiven Entscheidungsprozess transparent und weitgehend objektivierbar macht. Dieses wird am Beispiel des Wasserverlustmanagements in Wasserverteilsystemen exemplarisch gezeigt und anhand des Vergleichs zweier Fallbeispiele in Deutschland und Peru einem Praxistest unterzogen. Letztlich soll durch die Erstellung eines Handbuchs für Wasserverlustmanagement in der Praxis für Entwicklungsländer, jedenfalls aber für Peru, diese Methodik in das nationale Regulierungsbehörde für Wasser (SUNASS :Superintendencia Nacional de Servicios de Saneamiento del Peru) abgefasst wird.

Die Schritte, die verfolgt werden sollen, um mit den in diese Projekte beschriebenen Methoden ein Wasserverlustminimierungsprojekt zu gestalten, sind:

  • Anhand der definierten Indikatoren müssen die Ziele (Ökonomische, ökologische, technische und soziokulturelle Ziele der Maßnahmen bzw. Projekte zur Minimierung der Wasserverluste definiert werden.
  • Der Entscheidungsträger muss die Relevanz der verschiedenen Ziele mittels Gewichtungsfaktoren definieren.
  • Es muss eine Wassermengenbilanz (für ein Jahr) für die zu behandelnde Wasserverteilungsanlage zusammengestellt werden, in der die unterschiedlichen Komponenten des Wasserverbrauchs und der Wasserverluste berücksichtigt werden.
  • Die möglichen Maßnahmen zur Reduzierung der Wasserverluste müssen identifiziert werden. Der Entwurf der verschiedenen Maßnahmen sollte von einem Experten durchgeführt werden, der die benötigte Information sammelt, die Potenziale zur Wasserverlustminimierung erkennt, und die verschiedenen Maßnahmen vorschlägt. Ein Wasserverlustminimierungsprojekt muss deswegen aus Maßnahmen bestehen, die der jeweiligen Realität angepasst sind. Projekte des„Druckmanagements können beispielsweise nur dort angewendet werden, wo das Potential zur Reduzierung des Drucks vorhanden ist, ohne die Qualität der Dienstleistung zu beeinträchtigen. Projekte zur massiven oder systematischen Installation von Wasserzählern stellen im Fall von Peru ein bedeutsames Potenzial zur Reduzierung der Wasserverluste dar. In Deutschland hingegen sind die Installation, Ersatzzeit und Eichung von Wasserzählern ausführlich reglementiert; die geltenden Bestimmungen werden von den Versorgungsunternehmen eingehalten.
  • Sowohl die Auswirkungen der Projekte bzw. Maßnahmen auf die Unternehmensindikatoren als auch ihre Auswirkung auf die jährlichen Kosten müssen ausgewertet werden.
  • Es ist wichtig die betriebswirtschaftliche Rentabilität zu überprüfen. In England und Wales existieren beispielsweise hohe Wasserverluste von 24 %, und dies ist bereits das Ergebnis von Sanierungs-Maßnahmen, die im Laufe der letzten Jahre auf Druck der Regulierungsbehörde OFWAT (Office of Water Services) erfolgten. Die Rahmenbedingungen zur Verringerung der Leitungsverluste von OFWAT orientieren sich an dem Konzept des „Economic Leakage Level“. Eine weitergehende Verringerung der Wasserverluste scheint für die Unternehmen nicht attraktiv zu sein und wird durch OFWAT auf Grund der Orientierung am ökonomischen Verlustniveau nicht eingefordert. Maßnahmen zur Verringerung von Netzleckagen sind rein betriebswirtschaftlich betrachtet nur begrenzt sinnvoll.
  • Die verschiedenen Projektalternativen zur Minimierung der Wasserverluste werden auf Basis der untersuchten Bewertungsmethoden (Nutzen-Kosten und PROMETHEE) erstellt und analysiert. Mit Anwendung des PROMETHEE-Verfahrens und der definierten Präferenzfunktion wird die Rangordnung der Maßnahmen berechnet. Anschließend wird ein Projektkatalog zusammengestellt und eine Entscheidungsmatrix A zusammengefasst. Diese Entscheidungsmatrix wird an die Akteure (z. B. Behörden, Verbraucher, Regelwerk, Gesundheitsamt) weitergegeben. Diese Zielgruppe wählt (mittels eines Verfahrens aus der Entscheidungsgruppen-Theorie mit einer bestimmten Stimmungsregel) abermals nach ihren Entscheidungsinteressen eine neue Prioritätenliste aus (Entscheidungsmatrix B). Der Prozess ist voll automatisiert und liefert digitale numerische Ergebnisse sowie Grafiken, die den Entscheidungsprozeß und insbesondere die Ergebnisse nachvollziehbar darstellen. Er steht unter der Kontrolle aller Akteure, die ihre verschiedenen Interessen beliebig (Verhandlungsprozess) gewichten können und macht den Einfluss auf die Zielerreichung bzw. dessen Grad vollkommen transparent.
  • Am Ende des Prozesses wird eine Plausibilitätsprüfung durchgeführt, um die rein logisch-mathematische Auswertung zu hinterfragen und auf Mängel in den Eingabedaten der Datenstruktur oder der Indikatoren zu überprüfen und zu klären, ob die gefundenen Ergebnisse mit dem Expertenwissen vereinbar sind.

Das Maß der Zielerreichung wird durch eine Quantifizierung des jeweils erreichten Nutzens bewertet. Es stellt also ein maßgeschneidertes Werkzeug für verschiedene Entscheidungsalternativen und deren Einflussnahme dar.

Besonderer Wert wird darauf gelegt, dass die Voraussetzungen für die Umsetzung und Anwendung in Entwicklungsländern grundsätzlich gegeben sind.

Insgesamt erweist sich der Einsatz von Methoden der Entscheidungsunterstützung bei der Auswahl von Projekten zur Minimierung von Wasserverlusten in Wasserverteilsystemen gegenüber einem mehr oder weniger intuitiven bzw. subjektiven Abwägen der Stärken und Schwächen einzelner Projektalternativen als vorteilhaft und weitgehend objektiviert. Der Wert der Anwendung solcher Methoden liegt insbesondere darin, dass sie komplexe Entscheidungsprobleme schrittweise aufgliedern. Auf diese Weise muss der Entscheidungsträger nicht mehr ein komplexes, vielfach unüberschaubares Gesamtproblem lösen, sondern kann für alle nachvollziehbar in mehreren Einzelschritten vorgehen. Darüber hinaus kann der Einfluss einzelner objektiver (monetäre Indikatoren) und subjektiver Parameter (nichtmonetäre Indikatoren wie z. B. „illegale Wasseranschlüsse“) innerhalb eines Entscheidungsmodells offen gelegt werden. Der Entscheidungsprozess gestaltet sich dadurch transparenter und effizienter, womit die Arbeit insgesamt gerade für Entwicklungsländer mit hohem politischem Einfluss auf Entscheidungsträger der Wasserversorgung einen Beitrag zur Versachlichung, zur Erhöhung des guten (rationellen) Umgangs mit Wasser und damit zu einer neuen Wasserkultur (Wertewandel) leisten kann.

[1] Population Reference Bureau (1993) World Population Data Sheet, www.trinkwasser.ch