Nachhaltigkeitsbewertung

Die Forschung der Gruppe Nachhaltigkeitsbewertung beruht insbesondere auf den methodischen Ansätzen des Life Cycle Assessment, der Stoffstromanalyse und der Szenarioanalyse.

Schwerpunkte

  • Low carbon Technologien
  • Ressourceneffizienz in der Produktion/Digitalisierung
  • Rohstoffe der Energiewende
  • Bioökonomie

In mehreren aktuellen Projekten zur Ressourceneffizienz in der Produktion/Digitalisierung beschäftigen wir uns mit lebenszyklusbasierten Analysen der eingesetzten energetischen und stofflichen Ressourcen in industriellen Produktionsprozessen und Produktionsnetzwerken. Die Untersuchung der Ressourceneffizienz steht ebenso im Fokus von Forschungsprojekten zu Low Carbon Technologies. Hier werden zukünftige Energietechnologien hinsichtlich der eingesetzten energetischen und stofflichen Ressourcen (kritische Rohstoffe) sowie hinsichtlich ihrer Umweltwirkungen auf Erzeuger- und Nutzerseite analysiert. Weiterhin befassen wir uns mit Forschungsprojekten zur Erfassung und Bewertung von Rohstofflagern im Bausektor als Beitrag zum Urban Mining sowie mit der ökologischen Bewertung und der Erarbeitung energieeffizienter Lösungen für zukünftige Wohnquartierskonzepte. Im Kontext der Untersuchung des Ressourcenverbrauchs sind wir zudem an Forschungsprojekten zur Nachhaltigkeitsbewertung von Wasserinfrastrukturen beteiligt und unterstützen durch lebenszyklusbasierte Analysen die Entscheidungsfindung im Bereich der Einsparung der Ressource Wasser sowie der Untersuchung unterschiedlicher Stoffflüsse wie Phosphor und Stickstoff.

Kompetenzen

Die Material- und Stoffflussanalyse (MFA/SFA) ist eine systemanalytische Methode zur Erfassung, Beschreibung und Bewertung von Stoffflüssen zwischen menschlicher Wirtschaft und natürlicher Umwelt bzw. innerhalb des Wirtschaftssystems. Gegenstand der Untersuchung können sowohl chemische Stoffe oder Stoffgruppen sein (SFA), als auch Materialien, Produkte oder Produktgruppen (MFA). Ergänzt werden kann die MFA/SFA um die Erfassung von Energieflüssen im Sinne einer kombinierten Stoff- und Energieflussanalyse. Die Methode der MFA/SFA ist in der Literatur ausführlich beschrieben 1 2und basiert auf der naturwissenschaftlichen Grundlage von Massenbilanzen für Prozesse oder Systeme.

Als Systeme werden sowohl die gesamte Wirtschaft, als auch Sektoren oder Regionen, aber auch organisatorische Systeme wie Betriebe untersucht. Als Dynamische MFA kann diese Methode mit Szenarien kombiniert werden, um zukünftige Entwicklungen zu analysieren. Dabei interessiert sowohl die Entwicklung von Lagerbeständen, beispielsweise der Materialmengen im Gebäudebestand, als auch die Flüsse, beispielsweise die zukünftigen Abfallmengen aus dem Rückbau von Gebäuden. Im Fachgebiet SuR stehen für die Durchführung von SFA/MFA das Programm STAN zur Verfügung; es werden aber auch eigene mathematische Beschreibungen auf Basis von Tabellenkalkulationsprogrammen oder mathematischer Software, z.B. MatLab, erstellt.

Die Methodik der Lebenszyklusanalysen (Life Cycle Assessments (LCA) (Ökobilanz) ist beschrieben in den internationalen Normen DIN ISO 14040/14044. Sie dient dazu, die vollständigen Umweltauswirkungen eines Produktes oder einer Dienstleistung im Lebensweg zu analysieren. Dieser Lebensweg umfasst den Verbrauch von Ressourcen und die Emissionen von der Rohstoffgewinnung über die Herstellung und die Nutzungsphase eines Produktes bis hin zu Abfallbehandlung, Recycling und endgültiger Beseitigung, d. h. „von der Wiege bis zur Bahre“. Ergänzend zur Erfassung der Umweltwirkungen durch LCA können auch ökonomische und soziale Aspekte untersucht werden (Life Cycle Costing, Social Life Cycle Assessment).

Das FG SuR besitzt umfangreiche Erfahrung in der Durchführung von LCA und der Anwendung verschiedener Software-Tools, Datenbanken und spezifischer methodischer Ansätze. Aktuell wird vor allem die open Source Software OpenLCA genutzt, die anspruchsvolle Modellierungen ermöglicht, aber auch in der Lehre eingesetzt werden kann. In Bezug auf Datenbanken besitzt das Fachgebiet Lizenzen für die Schweizer Datenbank EcoInvent und kann darüber hinaus auf weitere internationale und nationale Datenbanken zugreifen. Datensätze aus den am Fachgebiet durchgeführten LCA werden in einer eigenen Datenbank dokumentiert, die nach internationalen Standards erstellt ist und über die Austauschformate ELCD und EcoSpold 2 mit anderen Datenbanken kompatibel ist. Das FG SuR stellt Expertise zur Verfügung für die begleitende Analyse neuer Verfahren und Produkte im Rahmen der Technologieentwicklung. Insbesondere können LCA entsprechend der Vorgaben der europäischen Plattform für LCA erstellt werden, wie sie u.a. als Bestandteil von europäischen Forschungsprojekten im 7. Rahmenprogramm erforderlich sind.

Szenarienanalysen sind heute unverzichtbar, um zukünftige Entwicklungen prospektiv zu untersuchen. Sie zeigen verschiedene Entwicklungswege – „mögliche Zukünfte“ – auf und ermöglichen es, Rahmenbedingungen für das Erreichen bestimmter Ziele, z.B. im Energiebereich, zu untersuchen, oder erwartbare Folgen bestimmter Maßnahmen zu ermitteln. Dazu werden Szenarien als Eingangsgrößen mathematischer Modelle formuliert, mit denen bestimmte Ergebnisgrößen berechnet werden können.

„Ein Szenario ist eine allgemeinverständliche Beschreibung einer möglichen Situation in der Zukunft, die auf einem komplexen Netz von Einflussfaktoren beruht. Ein Szenario kann darüber hinaus die Darstellung einer Entwicklung enthalten, die aus der Gegenwart zu dieser Situation führt.“3 Zur Erarbeitung von Szenarien ist demnach ein gutes Verständnis eines Bereiches und seiner vielfältigen Einflussgrößen erforderlich. Darüber hinaus müssen häufig Abschätzungen für unbekannte, ggf. in der Zukunft liegende Größen getroffen werden. Um solche Informationen zu gewinnen, kann das FG SuR über den Zugriff auf elektronische Bibliotheken und Zeitschriftenverzeichnisse umfassende und systematische Literaturrecherchen durchführen. Für aktuelle Forschungsprojekte werden darüber hinaus Methoden der empirischen Sozialforschung eingesetzt, insbesondere Experteninterviews, aber auch online-Befragungen, u.a. im Rahmen von Delphi-Analysen. Entsprechend dem Grundprinzip von Szenarien als Beschreibung einer multiplen Zukunft werden die so gewonnenen Erkenntnisse als Set von Szenarien ausgearbeitet, die für Modellierungen in aktuelle Projekte einfließen. Das FG SuR nutzt existierende Modelle, beispielsweise das Land-Nutzungs-Modell Land-Shift der Universität Kassel, entwickelt aber auch eigene Modelle, beispielweise ein Merit-Order-Modell zur Untersuchung von Substitutionswirkungen im Strom-Bereich.

Im Bereich der Umweltwissenschaften kommen Geoinformationssysteme (GIS) zur Erfassung, Bearbeitung, Analyse und Präsentation von Geodaten zum Einsatz. Das Fachgebiet Stoffstrommanagement und Ressourcenwirtschaft nutzt in der Forschung sowie zur Bearbeitung von Projekten die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von Geoinformationssystemen. Mittels GIS können Daten bezüglich Artenvorkommen, Klimadaten, Wegenetzdaten o.ä. gespeichert, analysiert und zu thematischen Karten aufbereitet werden. Ferner kann GIS zum Management von Daten, wie z.B. Gebäudedaten, von der Erfassung und Fortschreibung der Daten bis hin zur Integration der Informationen in Geodateninfrastrukturen (GDI) genutzt werden.

Im Ingenieurwesen bilden Geoinformationssysteme mit geografischen Informationen, Analyse- und Visualisierungsfunktionalität eine wesentliche Basiskomponente für verschiedenste Aufgaben. Das FG SuR nutzt GIS in Kombination mit Modellen, z.B. LandShift, aber auch für regionalisierte LCA Studien sowie Szenarienanalysen. Das Fachgebiet ist am EsriCampusBundle der TU Darmstadt beteiligt und nutzt in diesem Rahmen GIS-Lizenzen.