Siedlungsflächenentwicklung
Unterberg, Heike (12.03)

Siedlungsflächenentwicklung im hessischen Ried unter Berücksichtigung des Grund­wassereinflusses – Planerische Handlungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene (Betreuer: Böhm, Urban, Haupter, Sturm)

Diese Diplomarbeit befasst sich mit dem Thema der Siedlungsflächenentwicklung im Hessischen Ried unter Berücksichtigung des Grundwassereinflusses. Dabei sollten insbesondere die planerischen Handlungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene untersucht werden.

Der Anlass für diese Aufgabenstellung waren die in jüngster Vergangenheit auftretenden Grundwasserhöchststände im Hessischen Ried, die zur Vernässung von Gebäuden führten. Auf die Geschädigten kommen unter Umständen immense Sanierungskosten zu, um ihre Häuser wieder in Stand zu setzen. Es kam der Vorwurf auf, die öffentliche Hand hätte ihrerseits zu wenig getan, um die Schädigung von Bebauung durch hohe Grundwasserstände zu verhindern.

Aufgrund seiner hydrogeologischen Eigenschaften machen sich veränderte Einflussfaktoren im Grundwasserleiter im Hessischen Ried schnell durch Schwankungen des Grundwasserspiegels bemerkbar. Der Porengrundwasserleiter aus quartären Sanden und Kiesen steht teilweise sehr dicht unter der Geländeoberfläche an. Daher kann es zur Berührung von Gebäuden mit dem Grundwasser kommen.

Ursprünglich war das Hessische Ried, wie der Name schon sagt, ein feuchtes bis nasses Gebiet. Durch diverse Entwässerungsmaßnahmen vor allem Anfang bis Mitte des letzten Jahrhunderts (Rheinregulierung, Generalkulturplan Hessisches Ried, Ausbau der Riedgewässer) wurde landwirtschaftlich nutzbare Fläche geschaffen. Darüber hinaus wurden in den 60er Jahren Großwasserwerke in Betrieb genommen, die die Versorgung der expandierenden Rhein-Main-Region mit Trinkwasser sicherstellten. Der Grundwasserleiter wurde in einem solchen Umfang bewirtschaftet, das es in Zusammenhang mit den klimatisch bedingten Trockenzeiten der 70er in Teilbereichen zu einem starken Absinken der Grundwasseroberfläche kam. Dies hatte neben den Auswirkungen auf Gebäude immense negative Folgen für Wälder und ökologisch wertvolle Feuchtgebiete. Um diesen Trocknisschäden entgegen zu wirken, wurden Infiltrationsmaßnahmen im Bereich der Absenktrichter in die Wege geleitet, die den Grundwasserstand wieder stabilisieren sollen. Allerdings vergingen aufgrund von Verwaltungsstreitverfahren viele Jahre, bis die Anlage ihren Betrieb aufnehmen konnte. In der Zwischenzeit wechselten Nassperioden (1982, 1988) mit dem Auftreten von Vernässungsschäden und eine erneute Trockenzeit (1991/92) mit Setzungsschäden ab. Um sich dem Problem der Stabilisierung der Grundwasserstände umfassend zu widmen, wurde 1999 der Grundwasserbewirtschaftungsplan Hessisches Ried erstellt. Er sieht nach Abwägung aller Belange (Besiedlung, Landwirtschaft, Ökologie) Bemessungsgrundwasserstände vor, die durch gezielte Infiltrationsmaßnahmen erreicht werden sollen. Eine Begrenzung von Grundwasserhöchstständen ist dagegen nicht vorgesehen, das diese klimatisch bedingt sind und nicht durch menschliches Eingreifen herbei geführt wurden (im Vergleich zu den Absenktrichtern durch Wasserentnahmen). 1998 begann eine erneute Phase mit überdurchschnittlich hohen Niederschlägen, die bis in das Frühjahr 2003 anhielt. Die Folge waren Grundwasserhöchststände im Winter 2001 mit dem erneuten Auftreten von Gebäudevernässungen.

Ziel dieser Diplomarbeit ist es, eine Entscheidungshilfe für den Handlungsbedarf in der Bauleitplanung zu entwickeln, um die Gemeinden dabei zu unterstützen, ihren Anteil an der Vermeidung von Vernässungsschäden zukünftiger Bebauung im Zuge der Siedlungsflächenentwicklung zu leisten.

Es stellte sich nach Erarbeitung der Rahmenbedingung heraus, dass die vordringliche Handlungen der Kommunen darin bestehen, bei der Auswahl neuer Siedlungsflächen die vorhandenen Grundwassersituationen als Kriterium zu berücksichtigen und, falls eine Fläche mit ungünstigen Grundwasserverhältnissen ausgewählt werden muss, die Bauherren und Planer auf diese hinzuweisen. Das effizienteste und auch einfachste Mittel, Vernässungsschäden von Gebäuden auf solchen Flächen im Vorfeld zu vermeiden, ist die Ausführung einer entsprechenden Abdichtung bereits in der Erstellungsphase am Bauwerk selbst. Hierauf kann die Bauleitplanung aber keinen bestimmenden Einfluss nehmen. Sie hat keine sinnvolle Alternative, Handlungen vorzunehmen, die Vernässungsschäden direkt vermeiden. Wasserwirtschaftliche Maßnahmen zur Begrenzung des Grundwasserspiegelanstiegs über ein gewisses Niveau hinaus bereits im Vorfeld vorzusehen, stellen im Sinne des Grundwasserschutzes und der Ressourcenschonung kein adäquates Mittel der Wahl dar, wenn mit Abdichtungsmaßnahmen eine Vermeidung von Bauwerksvernässung ebenfalls erreicht werden kann. Die Hauptaufgabe der Kommunen liegt also darin, Bauherren und Planer für das Problem zu sensibilisieren und diese auf die konkreten Verhältnisse aufmerksam zu machen.

In der Gemeinde Riedstadt wird dieses Vorgehen bereits seit längerem praktiziert, mit der Folge, dass obwohl ungünstige Untergrundbedingungen vorherrschen, es in Grundwasserhochzeiten nicht zu Vernässung neuer Bebauung gekommen ist.

Die Quintessenz ist also, dass durch die kommunale Planung das Bewusstsein für die Bedeutung des Grundwasserstandes hinsichtlich der Gefährdung der Bebauung bei den Bauherren und Planern gestärkt werden muss. Denn die Wahl, ob und wie sie ihre Bauwerke vorsorglich schützen, obliegt ihnen. Wichtig ist, dass bereits den Entscheidungsträgern einer Gemeinde das Problem bewusst ist.